Article

Sind Kinder mit Alkoholembryopathie trockene Alkoholiker? - Eine Untersuchung zum Risiko der Suchtentwicklung

Author(s) / Creator(s)

Löser, H.
Schmitt, G.M.
Grävinghoff, K.

Abstract / Description

Innerhalb von 3 Jahren wurden bei 48 Kindern mit anamnestisch und klinisch gesicherter Alkoholembryopathie vom Grad I bis III die sorgeberechtigten Eltern nach kindlichem Kontakt und Erfahrung mit Alkohol befragt. Die Kinder wuchsen überwiegend (40/48 Fälle) in Pflege- und Adoptivverhältnissen auf, in denen mäßiger Umgang mit Alkohol gepflegt wurde; das Durchschnittsalter der Kinder betrug 4-18 Jahre (x 7; 5 Jahre). Bei 5 Kindern wurde ein- oder mehrfach Alkoholkonsum beobachtet, zum Teil mit genußvollem und gesteigertem Verlangen. Eine stoffgebundene Suchtform wurde bisher in keinem Fall beobachtet. Dennoch muß bei Kindern mit Alkoholembryopathie die Gefahr der Suchtentwicklung als erhöht betrachtet werden, sie kann auf annähernd 30% geschätzt werden (normales Risiko der Suchtentwicklung ca. 5-8%). Alle für die Suchtentwicklung wesentlichen Prämissen sind bei diesen Kindern vorgegeben: a) die familiäre Disposition, an der heute kein Zweifel bestehen kann; b) die frühzeitige pränatale metabolische und zelluläre Adaption und Gewöhnung an Alkohol; c) das sozio-familiäre Umfeld bei mütterlicher Alkoholkrankheit; d) die Besonderheit der Persönlichkeitsstruktur der Kinder, gekennzeichnet durch unkritisches Verhalten bei mentaler Retardierung, emotionaler Instabilität und leichter Verführbarkeit. In unserer weitgehend alkoholpermissiven Gesellschaft wird es nicht gelingen, Alkohol von den Kindern überall fernzuhalten und zu tabuisieren: Die Kinder müssen, wie bei trockenen Alkoholikern, "mit dem Alkohol leben, ohne ihn zu trinken". Nur durch Stärkung des Selbstvertrauens, der Eigenverantwortlichkeit, unter Vermeidung der Überprotektion, kann es langfristig gelingen, der zerstörerischen Krankheit der Sucht entgegenzuwirken.

Keyword(s)

Kind Alkoholembryopathie Suchtgefährdung Prävention Alkoholembryopathie Alkoholismus Entwicklung in der Kindheit Risikogruppen Fetal Alcohol Syndrome Alcoholism Childhood Development At Risk Populations

Persistent Identifier

Date of first publication

1990

Publication status

unknown

Review status

unknown

Citation

  • Author(s) / Creator(s)
    Löser, H.
  • Author(s) / Creator(s)
    Schmitt, G.M.
  • Author(s) / Creator(s)
    Grävinghoff, K.
  • PsychArchives acquisition timestamp
    2022-11-22T09:36:44Z
  • Made available on
    2012-02-07
  • Made available on
    2015-12-01T10:32:27Z
  • Made available on
    2022-11-22T09:36:44Z
  • Date of first publication
    1990
  • Abstract / Description
    Innerhalb von 3 Jahren wurden bei 48 Kindern mit anamnestisch und klinisch gesicherter Alkoholembryopathie vom Grad I bis III die sorgeberechtigten Eltern nach kindlichem Kontakt und Erfahrung mit Alkohol befragt. Die Kinder wuchsen überwiegend (40/48 Fälle) in Pflege- und Adoptivverhältnissen auf, in denen mäßiger Umgang mit Alkohol gepflegt wurde; das Durchschnittsalter der Kinder betrug 4-18 Jahre (x 7; 5 Jahre). Bei 5 Kindern wurde ein- oder mehrfach Alkoholkonsum beobachtet, zum Teil mit genußvollem und gesteigertem Verlangen. Eine stoffgebundene Suchtform wurde bisher in keinem Fall beobachtet. Dennoch muß bei Kindern mit Alkoholembryopathie die Gefahr der Suchtentwicklung als erhöht betrachtet werden, sie kann auf annähernd 30% geschätzt werden (normales Risiko der Suchtentwicklung ca. 5-8%). Alle für die Suchtentwicklung wesentlichen Prämissen sind bei diesen Kindern vorgegeben: a) die familiäre Disposition, an der heute kein Zweifel bestehen kann; b) die frühzeitige pränatale metabolische und zelluläre Adaption und Gewöhnung an Alkohol; c) das sozio-familiäre Umfeld bei mütterlicher Alkoholkrankheit; d) die Besonderheit der Persönlichkeitsstruktur der Kinder, gekennzeichnet durch unkritisches Verhalten bei mentaler Retardierung, emotionaler Instabilität und leichter Verführbarkeit. In unserer weitgehend alkoholpermissiven Gesellschaft wird es nicht gelingen, Alkohol von den Kindern überall fernzuhalten und zu tabuisieren: Die Kinder müssen, wie bei trockenen Alkoholikern, "mit dem Alkohol leben, ohne ihn zu trinken". Nur durch Stärkung des Selbstvertrauens, der Eigenverantwortlichkeit, unter Vermeidung der Überprotektion, kann es langfristig gelingen, der zerstörerischen Krankheit der Sucht entgegenzuwirken.
    de
  • Publication status
    unknown
  • Review status
    unknown
  • ISSN
    0032-7034
  • Persistent Identifier
    https://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bsz:291-psydok-34092
  • Persistent Identifier
    https://hdl.handle.net/20.500.11780/1282
  • Persistent Identifier
    https://doi.org/10.23668/psycharchives.11919
  • Language of content
    deu
  • Is part of
    Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie. - 39.1990, 5, S. 157-162
  • Keyword(s)
    Kind
    de
  • Keyword(s)
    Alkoholembryopathie
    de
  • Keyword(s)
    Suchtgefährdung
    de
  • Keyword(s)
    Prävention
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    Alkoholembryopathie
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    Alkoholismus
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  • Keyword(s)
    Entwicklung in der Kindheit
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  • Keyword(s)
    Risikogruppen
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  • Keyword(s)
    Fetal Alcohol Syndrome
    en
  • Keyword(s)
    Alcoholism
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  • Keyword(s)
    Childhood Development
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  • Keyword(s)
    At Risk Populations
    en
  • Dewey Decimal Classification number(s)
    150
  • Title
    Sind Kinder mit Alkoholembryopathie trockene Alkoholiker? - Eine Untersuchung zum Risiko der Suchtentwicklung
    de
  • DRO type
    article
  • Visible tag(s)
    PsyDok
  • Visible tag(s)
    Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie