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"Ich versuchte, so ungezogen wie möglich zu sein" Fallgeschichten mit autobiographischen Niederschriften: die Beziehung zum umgangsberechtigten Elternteil während der Kindheit in der Rückerinnerung von jungen Erwachsenen

“I tried to be as naughty as possible”Case histories based on autobiographical narratives: the relationship with the non-residential parent during childhood remembered by young adults

Author(s) / Creator(s)

Kaltenborn, Karl-Franz

Abstract / Description

Kritisiert wird die prävalierende Strukturorientierung in der Scheidungsforschung über Kinder. Denn infolgedessen werden in der Scheidungsforschung die Perspektive sowie das Handlungsvermögen und die Mitgestaltungspotentiale des Kindes oftmals vernachlässigt zugunsten einer Überakzentuierung von Strukturmerkmalen. Als Konsequenz solch methodologischer Defizite wird nicht nur die Generierung wissenschaftlichen Wissens negativ beeinflußt, sondern möglicherweise auch professionelle Praxisformen in der Arbeit mit Scheidungskindern, was gerade bei Gestaltungsaufgaben wie der Sorge- und Besuchsregelung von Bedeutung ist. Als Korrektiv einer solch strukturorientierten Scheidungsforschung ist es Anliegen des Artikels, betroffenen Scheidungskindern Gehör zu verschaffen und sie selbst ihre persönlichen Beziehungen mit dem umgangsberechtigen Elternteil sowie ihre Erfahrungen mit dem Besuchsrecht nach der Trennung oder Scheidung ihrer Eltern vortragen und ihre Sichtweise konstruieren zu lassen. Auf der Basis dieser ausführlichen autobiographischen Niederschriften der Scheidungskinder ließen sich in der Studie sehr unterschiedliche Besuchsformen und Beziehungsqualitäten zum umgangsberechtigten Elternteil beobachten, die von einem liebevollen Verhältnis bis zu einem Negativ- beziehungsweise Nicht-Verhältnis reichten. Zudem erwies sich die Beziehung zwischen Kind und umgangsberechtigen Elternteil keineswegs als statisch, sondern zeigte über die Zeit hinweg eine ausgesprochene Entwicklungsdynamik und war selbst im Erwachsenenalter (der früheren Kinder) noch offen für Neuanfänge. Beziehungsqualität und -geschichte wurden dabei von der Persönlichkeit des Kindes und dessen Handlungsvermögen (agency) mitgeprägt. Methodologische Konsequenzen aus der Studie werden diskutiert, und die Berücksichtigung der Perspektive des Kindes und dessen Handlungsvermögens wird für eine kindgerechte Scheidungsforschung empfohlen.
The predominant structural orientation of divorce research which either ignores or under represents to a great extent the child's perspective and his/her agency is criticized. As a consequence of these methodological shortcomings not only the production of scientific knowledge but also professional practice working with children from divorced families might be negatively affected - especially the regulation of custody and visiting issues. Therefore, the aim of this article is to give children a voice in describing their own experiences of visits and relationships with the non-residential father or mother during childhood and adolescence (sometimes until adulthood). By presenting numerous detailed autobiographical narratives from children of divorced parents, the study revealed a great diversity of visiting patterns as well as different relationship qualities ranging from loving to negative. In addition, visiting patterns and relationship qualities were not always static but were dynamic and changed over time, whereby the child's personality and agency contributed to this diversity and these processes. Finally, methodological recommendations are offered and it is suggested that the child's perspective and agency should be included in research about children of divorce.

Keyword(s)

Kind Ehescheidung Beziehung Erfahrung Autobiographie Ehescheidung Eltern-Kind-Beziehungen Besuchsrecht (Kinder) Sorgerecht für Kinder Entwicklung in der Kindheit Entwicklung im Jugendalter Divorce Parent Child Relations Child Visitation Child Custody Childhood Development Adolescent Development Adult Development

Persistent Identifier

Date of first publication

2002

Publication status

unknown

Review status

unknown

Citation

  • Author(s) / Creator(s)
    Kaltenborn, Karl-Franz
  • PsychArchives acquisition timestamp
    2022-11-21T17:10:47Z
  • Made available on
    2013-01-31
  • Made available on
    2015-12-01T10:33:58Z
  • Made available on
    2022-11-21T17:10:47Z
  • Date of first publication
    2002
  • Abstract / Description
    Kritisiert wird die prävalierende Strukturorientierung in der Scheidungsforschung über Kinder. Denn infolgedessen werden in der Scheidungsforschung die Perspektive sowie das Handlungsvermögen und die Mitgestaltungspotentiale des Kindes oftmals vernachlässigt zugunsten einer Überakzentuierung von Strukturmerkmalen. Als Konsequenz solch methodologischer Defizite wird nicht nur die Generierung wissenschaftlichen Wissens negativ beeinflußt, sondern möglicherweise auch professionelle Praxisformen in der Arbeit mit Scheidungskindern, was gerade bei Gestaltungsaufgaben wie der Sorge- und Besuchsregelung von Bedeutung ist. Als Korrektiv einer solch strukturorientierten Scheidungsforschung ist es Anliegen des Artikels, betroffenen Scheidungskindern Gehör zu verschaffen und sie selbst ihre persönlichen Beziehungen mit dem umgangsberechtigen Elternteil sowie ihre Erfahrungen mit dem Besuchsrecht nach der Trennung oder Scheidung ihrer Eltern vortragen und ihre Sichtweise konstruieren zu lassen. Auf der Basis dieser ausführlichen autobiographischen Niederschriften der Scheidungskinder ließen sich in der Studie sehr unterschiedliche Besuchsformen und Beziehungsqualitäten zum umgangsberechtigten Elternteil beobachten, die von einem liebevollen Verhältnis bis zu einem Negativ- beziehungsweise Nicht-Verhältnis reichten. Zudem erwies sich die Beziehung zwischen Kind und umgangsberechtigen Elternteil keineswegs als statisch, sondern zeigte über die Zeit hinweg eine ausgesprochene Entwicklungsdynamik und war selbst im Erwachsenenalter (der früheren Kinder) noch offen für Neuanfänge. Beziehungsqualität und -geschichte wurden dabei von der Persönlichkeit des Kindes und dessen Handlungsvermögen (agency) mitgeprägt. Methodologische Konsequenzen aus der Studie werden diskutiert, und die Berücksichtigung der Perspektive des Kindes und dessen Handlungsvermögens wird für eine kindgerechte Scheidungsforschung empfohlen.
    de
  • Abstract / Description
    The predominant structural orientation of divorce research which either ignores or under represents to a great extent the child's perspective and his/her agency is criticized. As a consequence of these methodological shortcomings not only the production of scientific knowledge but also professional practice working with children from divorced families might be negatively affected - especially the regulation of custody and visiting issues. Therefore, the aim of this article is to give children a voice in describing their own experiences of visits and relationships with the non-residential father or mother during childhood and adolescence (sometimes until adulthood). By presenting numerous detailed autobiographical narratives from children of divorced parents, the study revealed a great diversity of visiting patterns as well as different relationship qualities ranging from loving to negative. In addition, visiting patterns and relationship qualities were not always static but were dynamic and changed over time, whereby the child's personality and agency contributed to this diversity and these processes. Finally, methodological recommendations are offered and it is suggested that the child's perspective and agency should be included in research about children of divorce.
    en
  • Publication status
    unknown
  • Review status
    unknown
  • ISSN
    0032-7034
  • Persistent Identifier
    https://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bsz:291-psydok-43652
  • Persistent Identifier
    https://hdl.handle.net/20.500.11780/2609
  • Persistent Identifier
    https://doi.org/10.23668/psycharchives.11048
  • Language of content
    deu
  • Is part of
    Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie. - 51.2002, 4, S. 254-280
  • Keyword(s)
    Kind
    de
  • Keyword(s)
    Ehescheidung
    de
  • Keyword(s)
    Beziehung
    de
  • Keyword(s)
    Erfahrung
    de
  • Keyword(s)
    Autobiographie
    de
  • Keyword(s)
    Ehescheidung
    de
  • Keyword(s)
    Eltern-Kind-Beziehungen
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  • Keyword(s)
    Besuchsrecht (Kinder)
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  • Keyword(s)
    Sorgerecht für Kinder
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  • Keyword(s)
    Entwicklung in der Kindheit
    de
  • Keyword(s)
    Entwicklung im Jugendalter
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  • Keyword(s)
    Divorce
    en
  • Keyword(s)
    Parent Child Relations
    en
  • Keyword(s)
    Child Visitation
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  • Keyword(s)
    Child Custody
    en
  • Keyword(s)
    Childhood Development
    en
  • Keyword(s)
    Adolescent Development
    en
  • Keyword(s)
    Adult Development
    en
  • Dewey Decimal Classification number(s)
    150
  • Title
    "Ich versuchte, so ungezogen wie möglich zu sein" Fallgeschichten mit autobiographischen Niederschriften: die Beziehung zum umgangsberechtigten Elternteil während der Kindheit in der Rückerinnerung von jungen Erwachsenen
    de
  • Alternative title
    “I tried to be as naughty as possible”Case histories based on autobiographical narratives: the relationship with the non-residential parent during childhood remembered by young adults
    en
  • DRO type
    article
  • Visible tag(s)
    PsyDok
  • Visible tag(s)
    Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie