Psychophysiologie in Labor, Klinik und Alltag. 40 Jahre Projektarbeit der Freiburger Forschungsgruppe Psychophysiologie - Kommentare und Neue Perspektiven
Psychophysiology in the laboratory, clinic, and field. 40 years of research from the Forschungsgruppe Psychophysiologie, Freiburg. - Comments and new perspectives.
Author(s) / Creator(s)
Fahrenberg, Jochen
Myrtek, Michael
Abstract / Description
Ein Forschungsprogramm in der Psychophysiologie, in der Differentiellen und der Klinischen Psychophysiologie wird eingehend beschrieben. Die wichtigsten Ergebnisse werden in fünf Feststellungen zusammengefasst. Am Beginn stand Eysencks Postulat, dass eine Persönlichkeitseigenschaft, Emotionalität (Neurotizismus) eine neurobiologische Grundlage in limbischen Hirnstrukturen hat, und mit vegetativer Labilität und Hyperreaktivität verbunden ist. Diesem Thema diente eine Serie von Studien, an denen viele Studierende und Herz-Kreislauf-Patienten teilnahmen. Diese Untersuchungen umfassten Mehr-Kanal-Registrierungen (während einer breiten Auswahl von Laboraufgaben), Selbstbeurteilungen und Persönlichkeitstests. Die mehrfach replizierten Ergebnisse zeigten, dass Eysencks Theorie auf empirischer Basis nicht haltbar ist. Anschließende Untersuchungen belegten, dass Korrelationen zwischen Selbstbeurteilungen des subjektiven Zustands (Erregung, Stress, Emotion, körperliche Beschwerden) und physiologischen Messungen generell niedrig oder nicht vorhanden waren. Das offenkundige Fehlen von Kovariation, d.h. die "Reaktions-Fraktionierung", ist deutlich und ist künftig in Assessmentstrategien zu berücksichtigen und sollte außerdem zur Revision einiger konventioneller Theorien führen.
Weitere Studien befassten sich mit den Fragestellungen: Rehabilitationsverlauf bei Herz-Kreislauf-Krankheiten (Myokardinfarkt, Hypertonie, Angina pectoris); Diskrepanzen zwischen subjektivem Gesundheitszustand bzw. körperlichen Beschwerden und den objektiven klinischen Untersuchungen und Messungen; Entwicklung einer multivariaten Methodologie, speziell für nicht-invasive kardiovaskuläre Messungen; Methodenstudien im Hinblick auf Reaktionsspezifitäten; Modellierung von physiologischen Reaktionsdimensionen; Reaktionsskalierung und Ausgangswert-Abhängigkeiten; Konstruktion psychologischer Tests zur Erfassung von Persönlichkeitseigenschaften, Körperlichen Beschwerden, Lebenszufriedenheit; Labor-Feld-Studien hinsichtlich der zweifelhaften externen Validität kardiovaskulärer Reaktivität.
Psychophysiologisches ambulantes Monitoring wurde seit 1980 zur hauptsächlichen Forschungsorientierung. Neue Methoden wurden entwickelt, um unter realen Alltagsbedingungen Blutdruckänderungen und das EKG sowie begleitende Selbstberichte über das Setting und subjektive Zustände zu registrieren (Freiburger Monitoring System FMS). Multiple kalibrierte Akzelerometrie diente zur Messung bzw. Detektion von Körperposition und Bewegungsmustern sowie zur Kontrolle der individuellen Unterschiede der Bewegungsaktivität. Diese neuen Methoden umfassten auch Strategien des strukturierten und interaktiven Monitoring. Kontingent auf Änderungen der Herzfrequenz (on-line korrigiert für Unterschiede der Bewegungsaktivität) kann ein Teilnehmer durch ein akustisches Signal aufgefordert werden, besondere Ereignisse, Tätigkeiten oder Symptome zu protokollieren. Die Ergebnisse bestätigten, wie wichtig es ist, zwischen Emotion als Gefühl und Emotion als vegetative Aktivierung zu unterscheiden. Solche unter Alltagsbedingungen gewonnenen Ergebnis sollten zur Revision von theoretischen Behauptungen über Emotionen als konsistente psycho-physiologische Muster führen.
Die Ergebnisse dieses Forschungsprogramms sind in mehr als 400 Arbeiten, darunter eine beträchtliche Anzahl in englischsprachigen Zeitschriften, und mehr als 30 Büchern enthalten.
A research program in psychophysiology, differential and clinical psychology, is reviewed in detail. Essential findings were summarized in five statements. The starting point for the research was Eysenck's theory, that a personality trait, Emotionality (Neuroticism) has a neurobiological basis in limbic brain structures, and is associated with autonomic lability and hyperreactivity. This issue was addressed in a series of studies, in which many students and cardiac patients participated in examinations with multi-channel recordings (undergoing a wide range of laboratory tasks), and with self-ratings and personality tests. The findings, which were later replicated, showed that Eysenck's theory was not tenable on empirical grounds.
Subsequent investigations generally revealed that the correlations between self-reports about subjective state (arousal, stress, emotion, somatic complaints) and physiological measures were low or negligible. The obvious lack of covariation, that is "response fractionation", should be acknowledged and accounted for in assessment strategies and in revisions of conventional theories.
Further studies dealt with the following issues: rehabilitation process and outcome in cardiovascular diseases (myocardial infarction, hypertension, angina pectoris); discrepancies between subjective state of health (symptom reports), as opposed to objective clinical assessment and measurement; development of multivariate methodology, especially for non-invasive cardiovascular measurement; method studies, pertaining to response specificities; modelling of physiological response dimensions; response scaling and initial value dependencies; construction of psychological tests to assess personality traits, somatic complaints, life satisfaction; and laboratory-field studies relating to the questionable external validity of laboratory measures of cardiovascular reactivity.
Psychophysiological ambulatory monitoring became the major research orientation since 1980. New methodologies were developed to investigate, in real-life situations, blood pressure changes, the ECG and concurrent self-reports about settings, and subjective states (Freiburger Monitoring Systems FMS). Multiple calibrated accelerometry was used to measure posture and movement patterns, and to control for individual differences in physical activity. The newly developed methods included strategies for controlled and interactive monitoring. Contingent to changes in heart rate (adjusted on-line for physical activity), a participant can be prompted by a beeper signal to record the specific events, activities, or symptoms. The findings clearly provide evidence for the distinction of emotion as a feeling and emotion as autonomic activation. Such results obtained in daily life will lead to revisions of many aspects of theories about emotion as a consistent psycho-physical pattern.
The findings from this research program are contained in more than 400 references, including a considerable number of English language Journal articles, and more than 30 books.
Keyword(s)
AktivierungPersistent Identifier
Date of first publication
2005
Citation
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Fahrenberg_u_Myrtek_Psychophysiologie_2005.pdfAdobe PDF - 3.85MBMD5: 29ffe93fb1a43e071efbfcf1dcb3b00a
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Author(s) / Creator(s)Fahrenberg, Jochen
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Author(s) / Creator(s)Myrtek, Michael
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PsychArchives acquisition timestamp2022-11-21T14:26:55Z
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Made available on2012-11-13
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Made available on2015-12-01T10:30:52Z
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Made available on2022-11-21T14:26:55Z
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Date of first publication2005
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Abstract / DescriptionEin Forschungsprogramm in der Psychophysiologie, in der Differentiellen und der Klinischen Psychophysiologie wird eingehend beschrieben. Die wichtigsten Ergebnisse werden in fünf Feststellungen zusammengefasst. Am Beginn stand Eysencks Postulat, dass eine Persönlichkeitseigenschaft, Emotionalität (Neurotizismus) eine neurobiologische Grundlage in limbischen Hirnstrukturen hat, und mit vegetativer Labilität und Hyperreaktivität verbunden ist. Diesem Thema diente eine Serie von Studien, an denen viele Studierende und Herz-Kreislauf-Patienten teilnahmen. Diese Untersuchungen umfassten Mehr-Kanal-Registrierungen (während einer breiten Auswahl von Laboraufgaben), Selbstbeurteilungen und Persönlichkeitstests. Die mehrfach replizierten Ergebnisse zeigten, dass Eysencks Theorie auf empirischer Basis nicht haltbar ist. Anschließende Untersuchungen belegten, dass Korrelationen zwischen Selbstbeurteilungen des subjektiven Zustands (Erregung, Stress, Emotion, körperliche Beschwerden) und physiologischen Messungen generell niedrig oder nicht vorhanden waren. Das offenkundige Fehlen von Kovariation, d.h. die "Reaktions-Fraktionierung", ist deutlich und ist künftig in Assessmentstrategien zu berücksichtigen und sollte außerdem zur Revision einiger konventioneller Theorien führen. Weitere Studien befassten sich mit den Fragestellungen: Rehabilitationsverlauf bei Herz-Kreislauf-Krankheiten (Myokardinfarkt, Hypertonie, Angina pectoris); Diskrepanzen zwischen subjektivem Gesundheitszustand bzw. körperlichen Beschwerden und den objektiven klinischen Untersuchungen und Messungen; Entwicklung einer multivariaten Methodologie, speziell für nicht-invasive kardiovaskuläre Messungen; Methodenstudien im Hinblick auf Reaktionsspezifitäten; Modellierung von physiologischen Reaktionsdimensionen; Reaktionsskalierung und Ausgangswert-Abhängigkeiten; Konstruktion psychologischer Tests zur Erfassung von Persönlichkeitseigenschaften, Körperlichen Beschwerden, Lebenszufriedenheit; Labor-Feld-Studien hinsichtlich der zweifelhaften externen Validität kardiovaskulärer Reaktivität. Psychophysiologisches ambulantes Monitoring wurde seit 1980 zur hauptsächlichen Forschungsorientierung. Neue Methoden wurden entwickelt, um unter realen Alltagsbedingungen Blutdruckänderungen und das EKG sowie begleitende Selbstberichte über das Setting und subjektive Zustände zu registrieren (Freiburger Monitoring System FMS). Multiple kalibrierte Akzelerometrie diente zur Messung bzw. Detektion von Körperposition und Bewegungsmustern sowie zur Kontrolle der individuellen Unterschiede der Bewegungsaktivität. Diese neuen Methoden umfassten auch Strategien des strukturierten und interaktiven Monitoring. Kontingent auf Änderungen der Herzfrequenz (on-line korrigiert für Unterschiede der Bewegungsaktivität) kann ein Teilnehmer durch ein akustisches Signal aufgefordert werden, besondere Ereignisse, Tätigkeiten oder Symptome zu protokollieren. Die Ergebnisse bestätigten, wie wichtig es ist, zwischen Emotion als Gefühl und Emotion als vegetative Aktivierung zu unterscheiden. Solche unter Alltagsbedingungen gewonnenen Ergebnis sollten zur Revision von theoretischen Behauptungen über Emotionen als konsistente psycho-physiologische Muster führen. Die Ergebnisse dieses Forschungsprogramms sind in mehr als 400 Arbeiten, darunter eine beträchtliche Anzahl in englischsprachigen Zeitschriften, und mehr als 30 Büchern enthalten.de
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Abstract / DescriptionA research program in psychophysiology, differential and clinical psychology, is reviewed in detail. Essential findings were summarized in five statements. The starting point for the research was Eysenck's theory, that a personality trait, Emotionality (Neuroticism) has a neurobiological basis in limbic brain structures, and is associated with autonomic lability and hyperreactivity. This issue was addressed in a series of studies, in which many students and cardiac patients participated in examinations with multi-channel recordings (undergoing a wide range of laboratory tasks), and with self-ratings and personality tests. The findings, which were later replicated, showed that Eysenck's theory was not tenable on empirical grounds. Subsequent investigations generally revealed that the correlations between self-reports about subjective state (arousal, stress, emotion, somatic complaints) and physiological measures were low or negligible. The obvious lack of covariation, that is "response fractionation", should be acknowledged and accounted for in assessment strategies and in revisions of conventional theories. Further studies dealt with the following issues: rehabilitation process and outcome in cardiovascular diseases (myocardial infarction, hypertension, angina pectoris); discrepancies between subjective state of health (symptom reports), as opposed to objective clinical assessment and measurement; development of multivariate methodology, especially for non-invasive cardiovascular measurement; method studies, pertaining to response specificities; modelling of physiological response dimensions; response scaling and initial value dependencies; construction of psychological tests to assess personality traits, somatic complaints, life satisfaction; and laboratory-field studies relating to the questionable external validity of laboratory measures of cardiovascular reactivity. Psychophysiological ambulatory monitoring became the major research orientation since 1980. New methodologies were developed to investigate, in real-life situations, blood pressure changes, the ECG and concurrent self-reports about settings, and subjective states (Freiburger Monitoring Systems FMS). Multiple calibrated accelerometry was used to measure posture and movement patterns, and to control for individual differences in physical activity. The newly developed methods included strategies for controlled and interactive monitoring. Contingent to changes in heart rate (adjusted on-line for physical activity), a participant can be prompted by a beeper signal to record the specific events, activities, or symptoms. The findings clearly provide evidence for the distinction of emotion as a feeling and emotion as autonomic activation. Such results obtained in daily life will lead to revisions of many aspects of theories about emotion as a consistent psycho-physical pattern. The findings from this research program are contained in more than 400 references, including a considerable number of English language Journal articles, and more than 30 books.en
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Publication statusunknown
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Review statusunknown
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Persistent Identifierhttps://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bsz:291-psydok-42277
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Persistent Identifierhttps://hdl.handle.net/20.500.11780/666
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Persistent Identifierhttps://doi.org/10.23668/psycharchives.10416
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Language of contentdeu
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Keyword(s)Aktivierungde
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Keyword(s)Gefühlde
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Keyword(s)Eysenckde
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Keyword(s)Hans Jürgende
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Keyword(s)Neurotizismusde
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Keyword(s)Persönlichkeitsforschungde
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Keyword(s)Physiologische Psychologiede
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Keyword(s)Stressde
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Keyword(s)ambulantes Assessmentde
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Keyword(s)Emotionalitätde
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Keyword(s)Freiburger Monitoring Systems FMSde
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Keyword(s)kardiovaskuläre Messungende
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Keyword(s)körperliche Beschwerdende
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Keyword(s)Labor-Feld-Studiede
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Keyword(s)activationen
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Keyword(s)ambulatory monitoringen
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Keyword(s)cardiovascular measurementen
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Keyword(s)laboratory-field studyen
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Keyword(s)multiple calibrated accelerometryen
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Keyword(s)psychophysiological meten
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Dewey Decimal Classification number(s)150
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TitlePsychophysiologie in Labor, Klinik und Alltag. 40 Jahre Projektarbeit der Freiburger Forschungsgruppe Psychophysiologie - Kommentare und Neue Perspektivende
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Alternative titlePsychophysiology in the laboratory, clinic, and field. 40 years of research from the Forschungsgruppe Psychophysiologie, Freiburg. - Comments and new perspectives.en
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DRO typebook
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Visible tag(s)PsyDok