Report

Verantwortungszuschreibung und Ärger : emotionale Situationsbewertung (appraisal) in polynesischen und "westlichen" Kulturen

Author(s) / Creator(s)

Bender, Andrea
Spada, Hans
Seitz, Stefan

Abstract / Description

Wie Menschen sich in ihrer Umwelt verhalten und wie sie mit ihren Mitmenschen interagieren, hängt von ihrer Bewertung der Situation ab. Für diese Bewertung sind nicht nur Kognitionen von wesentlicher Bedeutung, sondern auch Emotionen, denn sie erleichtern Entscheidungen, steuern Handlungen und unterstützen Lernprozesse und Kommunikation(Damasio, 1994; Kunda, 1990; Scherer, 1996; Thagard, 2000). Außerdem tragen sie dazu bei, soziale Beziehungen zu gestalten und zu regulieren (Frijda & Mesquita, 1994; Lutz, 1988; Rosaldo, 1984; White, 1994). In besonderer Weise sozial relevant ist die Emotion Ärger, die eng mit der Zuschreibung von Verantwortung verknüpft ist (Weiner, 1995) und zu aggressiven Handlungen motiviert (Averill, 1982). Sie wird kulturell unterschiedlich bewertet und häufig streng reguliert (z.B. Briggs, 1970; Montagu, 1978). Für einige polynesische Kulturen ist die Korrespondenz mit einem Wertesystem dokumentiert, das ausgeglichene Beziehungen favorisiert und an Ärger gekoppelte Verhaltensbereitschaften wesentlich stärker zu regulieren sucht, als etwa in der 'westlichen Welt' üblich (Gerber, 1985; Levy, 1978; Morton, 1996). Wird Ärger in diesen Kulturen aber nur seltener gezeigt oder auch in geringerem Ausmaß überhaupt ausgelöst? Ob eine Emotion ausgelöst wird und, wenn ja, welche und wie stark, ist teilweise das Ergebnis eines kognitiven Prozesses, nämlich der subjektiven Bewertung der Situation (appraisal) durch das Individuum. Während vergleichbare Bewertungen einer Situation zu vergleichbaren Emotionen führen (Reisenzein, 2000; Roseman, Antoniou & Jose, 1996; Scherer, 1997, 1999), können sich die Bewertungen unterscheiden, und zwar abhängig beispielsweise, wie im Fall des Ärgers, von spezifischen ?Selbst'-Konzepten und Zuschreibungsschemata für personale Verursachung und Verantwortung (Ellsworth, 1994). Das Forschungsvorhaben will solche kulturellen Einflüsse auf kognitive Prozesse bei der Entstehung von Emotionen anhand eines appraisal-theoretischen Ansatzes (Nerb, 2000; Nerb & Spada, 2001) untersuchen und insbesondere die Rolle der Verantwortungszu-schreibung für die Entstehung von Ärger fokussieren. Es versucht damit, wie von Spiro (1999) oder LeVine(1999) gefordert, kulturelle Varianz auf grundlegende psychologische Prozesse zu beziehen, und ist von der Idee geleitet, daß das Verständnis von Emotionen eine unerläßliche Voraussetzung für das Verständnis von Verhalten und — in letzter Konsequenz — von Kultur ist.

Keyword(s)

Psychologie Attribution Westliche Welt Situativer Kontext Kognitiver Prozess Ärger Verantwortung Polynesien Ärger Aggressionsverhalten Soziale Einflüsse Kognitive Bewertung (Emotionspsychologie) Interkulturelle Unterschiede Attribution Anger Aggressive Behavior Social Influences Cognitive Appraisal Cross Cultural Differences Attribution Sociocultural Factors Emotions

Persistent Identifier

Date of first publication

2001

Is part of series

Forschungsberichte des Psychologischen Instituts der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau;153

Citation

  • Author(s) / Creator(s)
    Bender, Andrea
  • Author(s) / Creator(s)
    Spada, Hans
  • Author(s) / Creator(s)
    Seitz, Stefan
  • PsychArchives acquisition timestamp
    2022-11-17T11:00:48Z
  • Made available on
    2004-12-14
  • Made available on
    2015-12-01T10:30:02Z
  • Made available on
    2022-11-17T11:00:48Z
  • Date of first publication
    2001
  • Abstract / Description
    Wie Menschen sich in ihrer Umwelt verhalten und wie sie mit ihren Mitmenschen interagieren, hängt von ihrer Bewertung der Situation ab. Für diese Bewertung sind nicht nur Kognitionen von wesentlicher Bedeutung, sondern auch Emotionen, denn sie erleichtern Entscheidungen, steuern Handlungen und unterstützen Lernprozesse und Kommunikation(Damasio, 1994; Kunda, 1990; Scherer, 1996; Thagard, 2000). Außerdem tragen sie dazu bei, soziale Beziehungen zu gestalten und zu regulieren (Frijda & Mesquita, 1994; Lutz, 1988; Rosaldo, 1984; White, 1994). In besonderer Weise sozial relevant ist die Emotion Ärger, die eng mit der Zuschreibung von Verantwortung verknüpft ist (Weiner, 1995) und zu aggressiven Handlungen motiviert (Averill, 1982). Sie wird kulturell unterschiedlich bewertet und häufig streng reguliert (z.B. Briggs, 1970; Montagu, 1978). Für einige polynesische Kulturen ist die Korrespondenz mit einem Wertesystem dokumentiert, das ausgeglichene Beziehungen favorisiert und an Ärger gekoppelte Verhaltensbereitschaften wesentlich stärker zu regulieren sucht, als etwa in der 'westlichen Welt' üblich (Gerber, 1985; Levy, 1978; Morton, 1996). Wird Ärger in diesen Kulturen aber nur seltener gezeigt oder auch in geringerem Ausmaß überhaupt ausgelöst? Ob eine Emotion ausgelöst wird und, wenn ja, welche und wie stark, ist teilweise das Ergebnis eines kognitiven Prozesses, nämlich der subjektiven Bewertung der Situation (appraisal) durch das Individuum. Während vergleichbare Bewertungen einer Situation zu vergleichbaren Emotionen führen (Reisenzein, 2000; Roseman, Antoniou & Jose, 1996; Scherer, 1997, 1999), können sich die Bewertungen unterscheiden, und zwar abhängig beispielsweise, wie im Fall des Ärgers, von spezifischen ?Selbst'-Konzepten und Zuschreibungsschemata für personale Verursachung und Verantwortung (Ellsworth, 1994). Das Forschungsvorhaben will solche kulturellen Einflüsse auf kognitive Prozesse bei der Entstehung von Emotionen anhand eines appraisal-theoretischen Ansatzes (Nerb, 2000; Nerb & Spada, 2001) untersuchen und insbesondere die Rolle der Verantwortungszu-schreibung für die Entstehung von Ärger fokussieren. Es versucht damit, wie von Spiro (1999) oder LeVine(1999) gefordert, kulturelle Varianz auf grundlegende psychologische Prozesse zu beziehen, und ist von der Idee geleitet, daß das Verständnis von Emotionen eine unerläßliche Voraussetzung für das Verständnis von Verhalten und — in letzter Konsequenz — von Kultur ist.
    de
  • Persistent Identifier
    https://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bsz:291-psydok-4239
  • Persistent Identifier
    https://hdl.handle.net/20.500.11780/186
  • Persistent Identifier
    https://doi.org/10.23668/psycharchives.8830
  • Language of content
    deu
  • Is part of
    Forschungsberichte des Psychologischen Instituts der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br., Nr. 153
  • Is part of series
    Forschungsberichte des Psychologischen Instituts der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau;153
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    Psychologie
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  • Dewey Decimal Classification number(s)
    150
  • Title
    Verantwortungszuschreibung und Ärger : emotionale Situationsbewertung (appraisal) in polynesischen und "westlichen" Kulturen
    de
  • DRO type
    report
  • Visible tag(s)
    PsyDok
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    Forschungsberichte des Psychologischen Instituts der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau