Ist das Wahrnehmungstraining von M. Frostig effektiv oder nicht? -Zur Evaluation des Programms zur Förderung der visuellen Wahrnehmung im deutschen Sprachraum

Während die Frage nach der Wirksamkeit des Wahrnehmungstrainings von M. Frostig im amerikanischen Sprachraum kontrovers diskutiert wird, sprechen deutsche Autoren und Autorinnen durchweg positiv über dessen Effekte. Im vorliegenden Artikel werden acht Untersuchungen mit deutschen Adaptationen des Frostig-Trainings kurz dargestellt und ihre Ergebnisse zusammengefaßt, um eine Aussage über die Wirksamkeit des Frostig-Trainings im deutschen Sprachraum treffen zu können. Der Vergleich der acht Studien erweist sich als schwierig, weil Kinder mit unterschiedlichen Retardierungen und unterschiedlichem Alter trainiert wurden. Auch die Zusammenstellungen des Frostig-Materials und die Dauer der Trainings waren sehr unterschiedlich. Die Interpretation der positiven Ergebnisse der Einzeluntersuchungen wird durch die häufig unpräzise Darstellung und zusätzlich durch methodische Mängel erschwert. Besondere Beachtung findet in diesem Artikel die Frage der verwendeten Kontrollgruppen, da nur diese die Kontrolle von Störeffekten, die auch zu Leistungssteigerungen führen können, erlauben. Alles in allem scheinen die durchgeführten Maßnahmen im Vergleich zu normalem Unterricht zu Leistungssteigerungen in verschiedenen Bereichen zu führen. Es bleibt allerdings unklar, ob dabei das Frostig-Material an sich wirkt oder ob hauptsächlich die soziale Interaktion zwischen Trainer und Kind für die Verbesserungen verantwortlich ist. Außerdem weist die bereichsübergreifende Wirkung des Frostig-Trainings darauf hin, daß die Effekte nicht nur auf Verbesserungen der Wahrnehmung, sondern auch auf vermehrte Aufmerksamkeit zurückzuführen sind.